Naturforschende Gesellschaft Bamberg e.V.

Das Projekt Mittelfranken-Stauden

Vortrag „Arten der SandAchse und Dolomit-Kiefernwälder in Gärten und Burgen? Das Projekt Mittelfranken-Stauden“ von Dr. Doris Jensch, Regierung von Mittelfranken, Ansbach, am 14.10.2025 im Tambosi

Sandarium im Kleingartenverein Waldfrieden, Nürnberg, in Vollblüte, Foto: Doris Jensch

In ihrem Vortrag stellte Dr. Doris Jensch von der Regierung von Mittelfranken, Sachgebiet Naturschutz, das Projekt „Mittelfrankenstauden“ vor. Sie ist dort für die Umsetzung der Bayerischen Biodiversitätsstrategie zuständig, mit besonderem Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt auf kommunalen und öffentlichen Flächen. Ziel ihres Projekts ist es, heimische Pflanzen auf geeigneten öffentlichen Flächen zu etablieren, um dadurch Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu schaffen und den Rückgang der Biodiversität im urbanen Raum aufzuhalten. Öffentlichkeitsarbeit zur Bedeutung heimischer Pflanzen für die biologische Vielfalt ist damit eng verbunden.

Das Projekt begann in Nürnberg, wo noch Reste der ursprünglich sandigen Böden vorhanden sind. In Zusammenarbeit mit Kleingartenvereinen und weiteren Partnern wurden auf kleinen, oft nur 20 bis 100 Quadratmeter großen Flächen artenreiche Sandpflanzenbestände angelegt. Wichtig war dabei, regionales Saatgut zu verwenden, um genetische Anpassungen an den Standort zu nutzen und die Blühzeitfenster für die heimische Insektenwelt zu erhalten. Da viele Arten im Handel nicht verfügbar sind, werden die Samen selbst gesammelt oder das Sammeln als Auftrag vergeben. Die Pflanzen ziehen regionale Gärtnereien an – unter anderem die  Gefängnisgärtnerei Nürnberg und eine Stauden-Gärtnerei in Weisendorf.

Im Zentrum stehen die Aufklärung und die Motivation der Bevölkerung. Unter dem Motto „Bienen brauchen keine Begonien“ wirbt Jensch bei den Kleingärtnernden dafür, Zierpflanzen durch heimische Arten zu ersetzen. Viele der etwa 600 Wildbienen-Arten Deutschlands sind auf bestimmte Pflanzenarten spezialisiert. Exotische Zierpflanzen bieten ihnen keine Nahrung. Auch Ursachen des Insektenrückgangs wie Lichtverschmutzung, Pestizideinsatz, zu wenig Totholz als Lebensraum und die Bedeutung offener Bodenstellen werden angesprochen.

Die Umsetzung verläuft praxisnah und oft experimentell: Auf manche Flächen wird ungewaschener Sand aufgetragen oder sie werden durch Entfernen nährstoffreicher Oberböden verarmt, um den ursprünglichen Standortbedingungen nahezukommen. Erste Erfolge ließen nicht lange auf sich warten – schon im zweiten Jahr siedelten sich seltene Arten wie die Blauflügelige Ödlandschrecke und verschiedene Grabwespen an. Auch Zufallsfunde wie das Auftreten der kaum noch zu findenden Platterbsen-Wicke (Vicia lathyroides) zeigen, dass solche Flächen neue Lebensräume schaffen können.

Das Projekt hat daneben einen hohen pädagogischen und gesellschaftlichen Wert. Viele Bürgerinnen und Bürger werden durch die sichtbaren Erfolge und die mediale Berichterstattung motiviert, eigene Beiträge zu leisten. Auch Kommunen und Stadtgärtnereien, etwa in Schwabach und Stein, beteiligen sich inzwischen mit eigenen Flächen.

Dr. Jensch wies darauf hin, dass Veränderungen im Stadtgrün zunächst oft auf Skepsis stoßen, insbesondere bei Kleingärtnern, die an die „übliche“ Gestaltung ihrer Parzellen gewöhnt sind. Doch durch praktische Beispiele, gemeinsame Pflanzaktionen und Erfolgserlebnisse sowie durch Infotafeln, die speziell auf die örtlichen Gegebenheiten eingehen, lasse sich Akzeptanz schaffen.

Das Projekt „Mittelfrankenstauden“ wurde inzwischen auf das Nürnberger Land ausgeweitet, wo andere Standorttypen wie Dolomit-Kiefernwälder im Fokus stehen. Auch hier entstehen Pflanzflächen mit typischen Arten wie der Ästigen Graslilie (Anthericum ramosum) oder dem Rindsauge (Buphthalmum salicifolium). Sogar der sehr seltene Felsen-Schaumkresse (Arabidopsis petraea) wird neuer Lebensraum auf den Felsen vor Burgen geboten. Die Zusammenarbeit mit örtlichen Schulen und Gemeinden trägt zur Verankerung des Themas Biodiversität im öffentlichen Bewusstsein bei. Besonders effektiv sei hier die Arbeit mit Schulklassen, die beim Setzen und Zeichnen von Pflanzen nicht nur Wissen, sondern auch Begeisterung entwickeln und als Multiplikatoren in ihre Familien wirken.

Jensch gab Einblick in weitere ihrer Arbeitsfelder, z.B. den Umgang mit invasiven Arten wie der Lupine, die mit ihren stickstoffbindenden Wurzelbakterien magere Lebensräume zerstört. Sie schilderte, wie schwierig deren Bekämpfung ist, etwa am Damm des Main-Donau-Kanals, wo die Pflanze sowohl ökologische als auch technische Probleme verursacht. Dort lebt zudem eine isolierte Population der Kreuzotter, die besondere Schutzmaßnahmen und Vorsicht bei den Pflegemaßnahmen erfordert.

Insgesamt zeigte der Vortrag eindrücklich, dass mit engagierter Öffentlichkeitsarbeit, Fachwissen und pragmatischer Umsetzung eine Naturschutzbehörde viel für den Artenschutz erreichen kann. Kleine Trittsteine im urbanen Raum können große Wirkung entfalten – ökologisch wie gesellschaftli.