Ein Spaziergang in den Bamberger Hain
Vortrag „Der Bamberger Hain – Von der Weide zum Bürgerpark – Veränderungen seiner Vogelwelt in den letzten 100 Jahren“ von Siegfried Weid, Stegaurach, am 24.10.2025 im Stadtarchiv
Der Vortrag von Siegfried Weid behandelte die Geschichte, Entwicklung und heutige ökologische Bedeutung des Bamberger Hains. Er begann mit einer Einführung in die historischen Ursprünge dieses städtischen Parks, der seit über 200 Jahren das „Wohnzimmer der Bamberger“ und eines der ältesten Landschaftsparks Deutschlands ist. Bereits im 18. Jahrhundert diente das Gebiet als Weide- und Erholungsfläche. Damals wurde der Hain von Rindern, Ziegen und Schweinen beweidet, wodurch offene, kurzrasige Flächen entstanden, die zahlreichen Tierarten Lebensraum boten.
Mit der Säkularisation von 1803 ging der Hain aus kirchlichem Besitz an den bayerischen Kurfürsten Max IV. Joseph über, der ihn der Stadt Bamberg schenkte – mit dem Auftrag, nach dem Vorbild des Englischen Gartens in München einen öffentlichen Landschaftspark zu schaffen. Unter dem Architekten Johann Michael Stengel entstand ein Ensemble aus geschwungenen Wegen, Badehaus, Monopteros, Wirtshaus und weitläufigen Wiesen – ein frühes Beispiel bürgerlicher Naherholungskultur.
Weid zeigte anhand von Archivbildern, wie sich der Park wandelte: Im 19. Jahrhundert kamen neue Flächen hinzu, insbesondere der Luisenhain, der durch Spenden und Ankäufe in kommunales Eigentum überging. Bis ins frühe 20. Jahrhundert war der Hain ein lichtes, parkartiges Gelände mit uralten Eichen und beweideten Bereichen – ideale Bedingungen für eine artenreiche Tierwelt.
Ein Schwerpunkt des Vortrags lag auf der ornithologischen Entwicklung. Der Lehrer und Naturforscher Prof. Ries dokumentierte bereits zwischen 1904 und 1915 über 50 Brutvogelarten im Hain. Damals waren Arten wie Wendehals, Wiedehopf, Heidelerche, Steinkauz oder Gartenrotschwanz häufig vertreten. Diese profitierten von der offenen, kurzrasigen Vegetation und den alten Bäumen mit Bruthöhlen. Heute sind viele dieser Arten im Hain verschwunden oder stark gefährdet – ein Spiegel der allgemeinen Biodiversitätsverluste.
Weid verknüpfte diese ornithologische Geschichte mit den Veränderungen der Landschaftsnutzung: Streurechen, Laubentnahme und Viehbeweidung hielten die Vegetation früher offen. Mit dem Ende dieser Nutzung wuchs der Hain zunehmend zu. Gleichzeitig führten Klimaveränderungen, Intensivierung der Landwirtschaft und der Verlust alter Eichen zu einem Rückgang der Insekten und Höhlenbrüter.
Zugleich beschrieb der Referent die ökologische Bedeutung des Gebiets für geschützte Käferarten wie Heldbock, Eremit und Hirschkäfer, die nach der Ausweisung des Hains als FFH-Gebiet (Natura 2000) im Jahr 2001 besonders berücksichtigt werden. Durch das damals erstellte Parkpflegewerk wurden Pflegemaßnahmen entwickelt, die Naturschutz, Denkmalpflege und Naherholung in Einklang bringen sollen. So entstanden Lichtungen, Wege wurden gesperrt, und durch Auflichtung von Beständen konnten die Lebensräume des Heldbocks verbessert werden.
Trotz des Verlustes vieler alter Eichen und der zunehmenden Verwaldung beherbergt der Hain laut aktuellen Kartierungen immer noch etwa 40 Brutvogelarten, darunter Trauerschnäpper, Grünspecht, Buntspecht, Kleinspecht, Mittelspecht und Waldkauz. Die Kombination aus alten Bäumen, Wiesen und Wasserläufen macht ihn weiterhin zu einem wertvollen innerstädtischen Biotop.
Weid schloss mit einem Appell, den Hain als ökologisch und kulturell bedeutsames Erbe zu bewahren. Er würdigt die enge Zusammenarbeit zwischen Stadtgartenamt, Naturschutzbehörde und Ehrenamtlichen sowie das Engagement vieler Fachleute – von Martin Bücker und Dr. Carmen Fuertes bis zu den Stadtgärtnern. Der Vortrag machte deutlich, dass der Bamberger Hain nicht nur ein Ort der Erholung, sondern auch ein lebendiges Zeugnis nachhaltiger Stadtökologie ist – und dass sein Schutz und seine Pflege eine dauerhafte Aufgabe bleiben.
