20 Jahre Artenhilfsprogramm Geburtshelferkröte in der bayerischen Rhön
Vortrag „20 Jahre Artenhilfsprogramm Geburtshelferkröte in der bayerischen Rhön“ von Dipl.-Biol. Jürgen Thein, Büro für Faunistik und Umweltbildung, Haßfurt, am 19.08.2025 im Tambosi

Jürgen Thein eröffnete seinen Vortrag mit einem Rückblick auf frühere Referate und persönliche Naturerfahrungen, ehe er das eigentliche Thema vorstellte: die Geburtshelferkröte. Diese Amphibienart sei in Bayern stark gefährdet und zugleich von besonderem Interesse, weil sie im Unterschied zu anderen Amphibienarten eine außergewöhnliche Fortpflanzungsweise zeige. Anders als alle anderen einheimischen Amphibienarten kümmern sich die Männchen aktiv um die Brut. Sie tragen die befruchteten Eierschnüre an den Hinterbeinen mit sich und suchen gezielt feuchte Mikrohabitate auf, um die Entwicklung der Embryonen zu sichern, bis die Larven schlüpfbereit sind. Erst dann setzen die Männchen die Larven in geeigneten Gewässern ab. Diese intensive Brutpflege erklärt, warum die Tiere deutlich weniger Eier produzieren müssen als andere Amphibienarten und dennoch eine ähnliche Überlebenswahrscheinlichkeit des Nachwuchses erreichen.
Thein schilderte anschaulich seine erste Begegnung mit der Art: das melodische, glockenartige Rufen der Männchen in einem alten Steinbruch der Rhön. Dieses Erlebnis habe ihn nachhaltig fasziniert. Im weiteren Verlauf erläuterte er die systematische Stellung der Geburtshelferkröten innerhalb der Amphibien, ihre Verbreitungsschwerpunkte in Europa und die Besonderheiten der in Deutschland vorkommenden Art. Während die Geburtshelferkröte europaweit noch als ungefährdet eingestuft wird, befindet sie sich in Deutschland, insbesondere in Bayern, am Rande ihres natürlichen Verbreitungsgebiets und ist dort massiv bedroht. Die Populationen in der Rhön, die letzten in Bayern, stehen unter extremem Druck.
Die Ursachen für den Rückgang sind vielfältig: Klimatische Faktoren wie geringe Niederschläge im Regenschatten der Hochrhön verschärfen die ohnehin grenzwertigen Lebensbedingungen. Hinzu kommt der Verlust geeigneter Lebensräume. Natürliche Standorte wie dynamische Mittelgebirgsbäche gibt es kaum noch; übrig geblieben sind vor allem sekundäre Lebensräume wie Steinbrüche, ehemalige Truppenübungsplätze oder auch private Gärten. Entscheidend ist, dass es fischfreie, nicht zu schnell austrocknende Laichgewässer gibt. Doch genau das ist vielerorts nicht mehr gegeben – Besatz mit Fischen, Trockenfallen und Verbuschung der Umgebung zerstören die Fortpflanzungsgrundlagen der Tiere.
Seit den 1980er Jahren hat die Art in der Rhön dramatisch abgenommen: Von ehemals rund 50 bekannten Vorkommen existieren nur noch fünf. Die Zahl der rufenden Männchen sank in den letzten Jahrzehnten von über 100 auf zuletzt kaum mehr als 20. Aufgrund der großen Abstände zwischen den verbliebenen Standorten ist eine natürliche Wiederbesiedlung erloschener Habitate praktisch ausgeschlossen.
Um gegenzusteuern, wurde ab 2004 ein Artenhilfsprogramm initiiert. Neben der Pflege von Trockenhängen und Geröllflächen wurden künstliche Fortpflanzungsgewässer angelegt und bestehende optimiert. Doch die Maßnahmen konnten den Rückgang nicht aufhalten. Inzwischen bleibt nur die Zucht und Wiederansiedlung als letzte Möglichkeit. In der Rhön sowie im privaten herpetologischen Lehrgarten von Harry Wölfel werden Tiere nachgezogen, die künftig in vorbereitete Lebensräume ausgesetzt werden sollen. Damit knüpfen die Naturschützer an erfolgreiche Beispiele aus Niedersachsen oder den Balearen an, wo ähnliche Projekte bereits ganze Bestände retten konnten.
Thein endete mit einem Appell: Die Geburtshelferkröte sei nicht nur biologisch faszinierend, sondern auch ein Stück einzigartiger Naturerfahrung. Ihr glockenähnlicher Ruf, der an Sommerabenden aus den Steinbrüchen hallt, dürfe nicht verstummen. Nur mit gemeinsamen Anstrengungen – Habitatpflege, konsequente Kontrolle von Fischbesatz und gezielte Nachzucht – bestehe noch eine Chance, das Überleben dieser besonderen Art in Bayern zu sichern.

